In der Hundeerziehung macht immer wieder das Thema Beißhemmung die Runde. Doch was bedeutet dies eigentlich und vor allem: Wie wird der eigene Hund dazu erzogen?
Zur Beißhemmung kursieren zwei verschiedene Interpretationen: Der berühmte österreichische Forscher Konrad Lorenz, der im deutschsprachigen Raum als Erfinder der Tierpsychologie gilt, betrachtete sie als natürlichen Schutzmechanismus des Hundes: Der überlegene Hund fügt dem unterlegenen Gegner nur so viel Schmerz zu, wie zu seiner Unterwerfung erforderlich ist. Die natürliche Beißhemmung sorgt dafür, dass er den Gegner nicht ernsthafter verletzt als notwendig. Sein Schüler Erik Zimen war jedoch der Ansicht, dass es sich bei der Beißhemmung nicht um einen natürlichen Reflex, sondern um erlerntes Verhalten handele: Hunde könnten sehr wohl unterscheiden, ob es sich lediglich um einen Schaukampf zur Demonstrierung der eigenen Stärke handele oder um einen ernsthaften Kampf mit entsprechend ernsthaften Bissen. Für Tierhalter bedeutet dies: Handelt es sich bei der Beißhemmung um erlerntes Verhalten, muss dies dem jungen Hundewelpen entsprechend früh beigebracht werden. Jeder, der schon einmal von einem verspielten Welpen „angeknabbert“ wurde, weiß, wie schmerzhaft dieser unschuldig gemeinte Biss sein kann.
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Wie lernt ein junger Hund die richtige Beißhemmung?
Normalerweise macht der Hund seine ersten Erfahrungen bereits im Spiel mit den Geschwistern und der Mutter. Beim Spielen miteinander beißen und zwacken die Welpen einander und stellen so schnell fest, wie schmerzhaft die Zähne der Geschwister sein können. Die Hundemutter tut ihr übrigens, den Welpen ihre (Schmerz-)grenzen aufzuzeigen. Sobald der Welpe sein Runde verlässt und in einem menschlichen Rudel Aufnahme findet, muss dieser Lernprozesse weiter gehen. Je früher dies erfolgt, umso besser. Experten sprechen vom sogenannten „Soft Mouth“ (sanften Maul), das dem Welpen bis spätestens zum Zahnwechsel um die 14. – 16.Lebenswoche antrainiert werden sollte. Lernt er dies nicht rechtzeitig, werden die Bisse des erwachsenen Hundes, der über weit mehr Muskelkraft im Kiefer verfügt, zu einer schmerzhaften und sogar gefährlichen Angelegenheit. Es gibt Hundebesitzer, die fast stolz demonstrieren, wie ihr Hund sie in Bein oder Arm beißt ohne sie zu verletzen, doch für Fremde und vor allem Kinder kann dies eine sehr beängstigende Erfahrung sein. Das Verhalten sollte dem Hund also erst gar nicht antrainiert werden.
Kauknochen beißen statt menschlicher Arme
Auf der anderen Seite sollte dem Welpen das Beißen nicht vollständig abgewöhnt werden, da es seine einzige Waffe im Fall einer Gefahr (z.B. eines Angriffs durch einen anderen Hund ist). Am besten ist es daher, dem Hund beizubringen, dass das Beißen von Menschen – ganz gleich welcher Körperteile – verboten ist. Versucht der Welpe nach einem Arm oder Fuß zu schnappen, muss er sofort ablassen. Stattdessen sollte er auf einem Kauknochen oder einem dicken Tau herumbeißen dürfen. Schon bald lernt er zu unterscheiden, was gebissen werden darf und was nicht.
Ein Tipp: Nach Möglichkeit sollte der Welpe im Rahmen seiner Erziehung eine Hundeschule besuchen, in der er unter Aufsicht mit anderen jungen Hunden herumtoben kann. So lernt er auch das richtige Maß der Beißhemmung im Umgang mit seinen Artgenossen. Sollte er einmal in einen Schaukampf verwickelt werden, kann er sich wehren, doch er wird vermeiden, anderen Hunden ernsthafte Bisswunden zuzufügen.
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